historische Dokumente
historische Aufnahmen
U-Bahn-Geschichte(n)
 
weitere Archive
Literatur
Links
Impressum
 
A / AI / AIII  •  AII  •  B / BII   •   BI  •  C / CI / CII   •   D  •  E  •  netzweit  •  sonstiges
historische Dokumente, Strecke BI
Die

Elektrische Untergrundbahn

der

Stadt Schöneberg.

September 1908.

Die Stadt Schöneberg, von alters her durch die Schöneberger Hauptstraße und die Potsdamer Straße in engster Weise mit Berlin verbunden, hatte sich ursprünglich im tunlichsten Anschluß an diesen Straßenzug ausgebaut. Sie sieht sich jetzt schon seit einiger Zeit infolge der außergewöhnlichen Zunahme der Bevölkerung gezwungen, auch die übrigen Teile des Stadtgebietes zu bebauen und zu erschließen: in erster Linie das an Wilmersdorf angrenzende Gelände, in zweiter Linie den durch die Potsdamer Bahn, die Ringbahn und die Anhalter Bahn eingeschlossenen südlichen Teil des Weichbildes.

Es ist eine alte Erfahrung der Städtebauer, daß für die Bebauung vor allen Dingen die Eröffnung von zweckentsprechenden, die Bebauungsgebiete durchziehenden Verkehrswegen notwendig ist. In dieser Beziehunghat für das bisherige Schöneberg die alte Schöneberger Hauptstraße mit der in ihr liegenden Straßenbahn die besten Dienste geleistet. Demgegenüber besteht für die westlichen Gebietsteile von Schöneberg, um deren rasche Bebauung es sich jetzt handelt, ein ähnlicher glatt durchgehender Straßenzug nicht, welcher die vorhandenen und die für die Zukunft beabsichtigten Verkehrsmittelpunkte von Neu-Schöneberg auf dem kürzesten Wege verbindet.

Es ist deshalb ein dringendes Erfordernis, daß diese teilweise schon heute sehr bedeutenden Verkehrsmittelpunkte des westlichen Schöneberg, nämlich der südliche Endpunkt der Schöneberger Hauptstraße, der neue Stadtpark, der Bayerische Platz, der prächtige Viktoria Luise-Platz und der Nollendorfplatz nicht nur durch Straßenzüge, sondern auch durch eine Bahn miteinander verbunden werden, und daß diese Bahnverbindung möglichst unmittelbar weiter nach Berlin hineingeführt werde.

Bei den wachsenden Anforderungen des Verkehrs und angesichts des stets mehr hervortretenden Bedürfnisses nach schnellster Beförderung kann überhaupt nur eine Schnellbahn in Betracht kommen, welche vollkommen unabhängig von dem Straßenverkehr mit größter Geschwindigkeit und möglichster Bequemlichkeit selbst größere Mengen von Fahrgästen ihrem Ziele zuzuführen in der Lage ist, also eine Schöneberger elektrische Untergrund-Schnellbahn, welche für das westliche und später auch für das südliche Stadtgebiet in ähnlicher Weise den Verkehr belebend und die geschäftlichen Beziehungen hebend wirken soll, wie seinerzeit für Alt-Schöneberg die Hauptstraße in Verlängerung der Potsdamer Straße.

Die Schöneberger Untergrundbahn durch das westliche Stadtgebiet soll ihren Anfangspunkt am nördlichsten Punkte desselben, am Nollendorfplatz haben und südlich vorläufig bei der Kreuzung der Schöneberger Hauptstraße mit der Innsbrucker Straße an der Ringbahn endigen. Sie soll nach dem Muster der Berliner elektrischen Untergrundbahn, welche sich in jeder Beziehung für die Entwicklung und Hebung des Verkehrs so glänzend bewährt hat, gebaut, ausgerüstet und betrieben werden.

Die neue Untergrundbahn soll die Haltestellen Nollendorfplatz, Viktoria Luise-Platz, Bayerischer Platz, Stadtpark und Hauptstraße erhalten. Ihre Gesamtlänge wird zunächst 2935 m betragen, wozu noch im Süden der Anschluß an den Betriebsbahnhof hinzukommt. Die Bahnsteige der Haltestellen sollen einstweilen nur eine für Dreiwagenzüge ausreichende Länge erhalten, von vornherein aber so vorgesehen werden, daß zukünftig nach Bedarf auch Züge mit einer Länge bis zu sieben Wagen gefahren werden können.

Die Linienführung und die Steigungsverhältnisse der neuen elektrischen Untergrundbahn sind günstiger, als diejenigen der bestehenden Berliner elektrischen Hoch- und Untergrundbahn, sodaß der Betrieb auf der Schöneberger Untergrundbahn sich mindestens mit der gleichen Pünktlichkeit und Geschwindigkeit wie bei der vorerwähnten Bahn abwickeln wird. Die Linie der Untergrundbahn zieht sich vom Nollendorfplatz durch die Motzstraße nach dem Viktoria Luise-Platz hin, von dort in die Münchener und in der Speyerer Straße entlang nach dem Bayerischen Platz und weiter in der Innsbrucker Straße quer durch den neuen Stadtpark nach dem südlichen Ende der Schöneberger Hauptstraße. Besonders reizvoll wird sich die Durchquerung des Parks durch die Bahn gestalten. Im übrigen soll die bauliche Anordnung und die Einrichtung des Betriebes ähnlich derjenigen bei der bestehenden Hoch- und Untergrundbahn erfolgen.

Die Bahn wird nach dem Vorbilde der Stadt Hamburg als städtische Schnellbahn gebaut. Ihre Ausführung ist der Siemens & Halske A.-G. übertragen worden, welche bei der neuen Bahn ihre langjährigen Erfahrungen im Bau und der Einrichtung von Untergrundbahnen in Budapest, Berlin, Charlottenburg, Hamburg verwerten wird. Es steht somit zu hoffen, daß die Schöneberger Untergrundbahn in jeder Beziehung und ausschließlich nur den Interessen der Stadt Schöneberg entsprechen und letztere zuversichtlich auch in vollem Umfange befriedigen wird.

zum Vergrößern anklicken

Berliner U-Bahn-Archiv   © 2004-11 axel mauruszat