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historische Dokumente, Strecke BI

Die

Elektrische Untergrundbahn

der

Stadt Schöneberg.

September 1908.


SIEMENS & HALSKE
A.-G.



Bauausführungen
im eigenen Betriebe der Siemens & Halske A.-G.



Die elektrische Untergrundbahn
der Stadt Schöneberg



Die Stadt Schöneberg, von alters her durch die Schöneberger Hauptstraße und die Potsdamer Straße in engster Weise mit Berlin verbunden, hatte sich ursprünglich im tunlichsten Anschluß an diesen Straßenzug ausgebaut. Sie sieht sich jetzt schon seit einiger Zeit infolge der außergewöhnlichen Zunahme der Bevölkerung gezwungen, auch die übrigen Teile des Stadtgebietes zu bebauen und zu erschließen: in erster Linie das an Wilmersdorf angrenzende Gelände, in zweiter Linie den durch die Potsdamer Bahn, die Ringbahn und die Anhalter Bahn eingeschlossenen südlichen Teil des Weichbildes.

Es ist eine alte Erfahrung der Städtebauer, daß für die Bebauung vor allen Dingen die Eröffnung von zweckentsprechenden, die Bebauungsgebiete durchziehenden Verkehrswegen notwendig ist. In dieser Beziehunghat für das bisherige Schöneberg die alte Schöneberger Hauptstraße mit der in ihr liegenden Straßenbahn die besten Dienste geleistet. Demgegenüber besteht für die westlichen Gebietsteile von Schöneberg, um deren rasche Bebauung es sich jetzt handelt, ein ähnlicher glatt durchgehender Straßenzug nicht, welcher die vorhandenen und die für die Zukunft beabsichtigten Verkehrsmittelpunkte von Neu-Schöneberg auf dem kürzesten Wege verbindet.

Es ist deshalb ein dringendes Erfordernis, daß diese teilweise schon heute sehr bedeutenden Verkehrsmittelpunkte des westlichen Schöneberg, nämlich der südliche Endpunkt der Schöneberger Hauptstraße, der neue Stadtpark, der Bayerische Platz, der prächtige Viktoria Luise-Platz und der Nollendorfplatz nicht nur durch Straßenzüge, sondern auch durch eine Bahn miteinander verbunden werden, und daß diese Bahnverbindung möglichst unmittelbar weiter nach Berlin hineingeführt werde.

Bei den wachsenden Anforderungen des Verkehrs und angesichts des stets mehr hervortretenden Bedürfnisses nach schnellster Beförderung kann überhaupt nur eine Schnellbahn in Betracht kommen, welche vollkommen unabhängig von dem Straßenverkehr mit größter Geschwindigkeit und möglichster Bequemlichkeit selbst größere Mengen von Fahrgästen ihrem Ziele zuzuführen in der Lage ist, also eine Schöneberger elektrische Untergrund-Schnellbahn, welche für das westliche und später auch für das südliche Stadtgebiet in ähnlicher Weise den Verkehr belebend und die geschäftlichen Beziehungen hebend wirken soll, wie seinerzeit für Alt-Schöneberg die Hauptstraße in Verlängerung der Potsdamer Straße.

Die Schöneberger Untergrundbahn durch das westliche Stadtgebiet soll ihren Anfangspunkt am nördlichsten Punkte desselben, am Nollendorfplatz haben und südlich vorläufig bei der Kreuzung der Schöneberger Hauptstraße mit der Innsbrucker Straße an der Ringbahn endigen. Sie soll nach dem Muster der Berliner elektrischen Untergrundbahn, welche sich in jeder Beziehung für die Entwicklung und Hebung des Verkehrs so glänzend bewährt hat, gebaut, ausgerüstet und betrieben werden.

Die neue Untergrundbahn soll die Haltestellen Nollendorfplatz, Viktoria Luise-Platz, Bayerischer Platz, Stadtpark und Hauptstraße erhalten. Ihre Gesamtlänge wird zunächst 2935 m betragen, wozu noch im Süden der Anschluß an den Betriebsbahnhof hinzukommt. Die Bahnsteige der Haltestellen sollen einstweilen nur eine für Dreiwagenzüge ausreichende Länge erhalten, von vornherein aber so vorgesehen werden, daß zukünftig nach Bedarf auch Züge mit einer Länge bis zu sieben Wagen gefahren werden können.

Die Linienführung und die Steigungsverhältnisse der neuen elektrischen Untergrundbahn sind günstiger, als diejenigen der bestehenden Berliner elektrischen Hoch- und Untergrundbahn, sodaß der Betrieb auf der Schöneberger Untergrundbahn sich mindestens mit der gleichen Pünktlichkeit und Geschwindigkeit wie bei der vorerwähnten Bahn abwickeln wird. Die Linie der Untergrundbahn zieht sich vom Nollendorfplatz durch die Motzstraße nach dem Viktoria Luise-Platz hin, von dort in die Münchener und in der Speyerer Straße entlang nach dem Bayerischen Platz und weiter in der Innsbrucker Straße quer durch den neuen Stadtpark nach dem südlichen Ende der Schöneberger Hauptstraße. Besonders reizvoll wird sich die Durchquerung des Parks durch die Bahn gestalten. Im übrigen soll die bauliche Anordnung und die Einrichtung des Betriebes ähnlich derjenigen bei der bestehenden Hoch- und Untergrundbahn erfolgen.

Die Bahn wird nach dem Vorbilde der Stadt Hamburg als städtische Schnellbahn gebaut. Ihre Ausführung ist der Siemens & Halske A.-G. übertragen worden, welche bei der neuen Bahn ihre langjährigen Erfahrungen im Bau und der Einrichtung von Untergrundbahnen in Budapest, Berlin, Charlottenburg, Hamburg verwerten wird. Es steht somit zu hoffen, daß die Schöneberger Untergrundbahn in jeder Beziehung und ausschließlich nur den Interessen der Stadt Schöneberg entsprechen und letztere zuversichtlich auch in vollem Umfange befriedigen wird.


Die Linienführung

Die Bahn beginnt am Nollendorfplatz, fährt unter der Motzstrasse, unter dem Viktoria-Luisen-Platz, unter der Münchener und Speyerer Strasse nach dem Bayerischen Platz, von hier, die Grunewaldstrasse untertunnelnd, im Zuge der Innsbrucker Strasse nach der Schöneberger Hauptstrasse und unter dieser hinweg bis zur Ringbahn.

Die jetzige Schöneberger Untergrundbahn kann als Stammstrecke bezeichnet werden, da nach beiden Seiten hin Verlängerungen geplant sind. Die südliche Verlängerung wird von der Hauptstrasse unter der Ringbahn und Wannseebahn hinweg durch das Schöneberger Südgelände führen, während die nördliche Verlängerung über den Nollendorfplatz hinaus Schöneberg mit dem Inneren der Stadt Berlin, mit der "Friedrichstadt", verbinden soll.


Linienführung der elektrischen Untergrundbahn Schöneberg



Einzelheiten der Bahnanlage

I.Die Länge der Stammstrecke als Untrgrundbahn
beträgt
2990 m
  davon entfallen auf:
 1.Tunnel über dem Grundwasser, ohne Sohle695 m
 2.Tunnel im Grundwasser, mit Sohle2295 m
  die tiefste Eintauchung des
Tunnels in das Grundwasser
beträgt 7,20 m
 3.das Anschlussgleis zum Betriebsbahnhof
  a)ein eingleisiger Tunnel bis
zur Rampe
140 m
  b)eine Rampe zwischen Futter-
mauern nach dem Betriebs-
hofe hinauf
140 m
II.Die Länge der Fortsetzung nach dem Südgelände
Schöneberg wird voraussichtlich betragen
1650 m
III.Die Länge der Fortsetzung nach dem Stadt-
innern von Berlin wird voraussichtlich betragen
3300 m
zusammen7,94 km

Tunnel, QuerschnittK=Kabelnische
R=Rohrkanal
Tunnel, Längsschnitt


Die Spurweite der Bahn ist normal1,435 m
Der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt105 m
Das grösste Steigungsverhältnis ist
im Tunnel1:100
in der Rampe zum Betriebsbahnhofe1:30
Die elektrisch angetriebenen Weichen im Tunnel haben
einen Neigungswinkel
1:7
Die von Hand zu stellenden Weichen auf dem Betriebs-
bahnhofe haben einen Neigungswinkel von
1:5
Der höchste Punkt der Schienenoberkante der Unter-
grundbahn liegt an der Grunewaldstrasse auf
+36,20 über NN.
Der tiefste Punkt der Schienenoberkante liegt am
Nollendorfplatz
+29,60     ,,    ,,
Somit ist der grösste Höhenunterschied der Schienen-
oberkanten
6,60 m
Die Zahl der Entlüftungsschächte zur Verbindung der
Tunnelluft mit der Aussenluft beträgt
6 Stück
Diese Schächte sind zugleich als Notausgänge
eingerichtet
Die Strassen, in welchen die Bahn sich erstreckt, haben
eine Breite von
26,4 bis 38 m
Die lichte Weite des Tunnels beträgt wie bei der
vorhandenen Berliner Untergrundbahn
6,24 m
Ebenso ist die lichte Höhe zwischen der Schienenober-
kante und der Tunneldeckenunterkante bei beiden
Bahnen die gleiche, nämlich
3,30 m
Für die Belastung der Tunneldecke wurde ausser dem
genau ermittelten Eigengewicht derselben noch eine
Belastung durch Menschengedränge mit 500 kg/m²
und einer 23 t schweren Dampfwalze in Rechnung
gestellt.
Als grösste Inanspruchnahme sind zugelassen:
für Eisen auf Zug1150 kg/cm²
für Betona) als Druckbeanspruchung1/6d. Bruch-
festigkeit
b) als Zugbeanspruchung1/10


Fertiger Tunnelkörper der freien Strecke

Entlüftungsschacht zur Verbindung der Tunnelluft mit der Aussenluft, zugleich als Nottreppe ausgebildet

Längsschnitt

Querschnitt                                         
Entlüftungsschacht, zugleich als Nottreppe ausgebildet

Der Tunnelkörper unter der Grunewaldstrasse hat mit Rücksicht auf die etwaige spätere Ausführung einer unter ihm hinwegführenden Untergrundbahn brückenartige Eiseneinlagen in den Tunnelseitenwänden und zwischen den Gleisen erhalten. Aus demselben Grunde ist an der Untertunnelung der Hauptstrasse die Tunnelsohle durch Einlegen von Blechträgern und Walzträgern verstärkt worden.


Längsschnitt

Querschnitt
Verstärkung des Tunnelkörpers durch eine brückenartige Eiseneinlage mit Rücksicht auf eine spätere Unterführung der Schöneberger Untergrundbahn durch eine im Zuge der Grunewaldstrasse geplante Untergrundbahn


Unterführung der Untergrundbahn unter der Ringbahn



Längsschnitt

Querschnitt
Dückerung einer Schmutzwasserleitung unter dem Tunnel


Die Haltestellen


Haltestelle der Untergrundbahn, Querschnitt


No.Name der HaltestelleAbstand
m
   

1

2

3

4

5

Nollendorfplatz

Viktoria-Luisen-Platz

Bayerischer Platz

Stadtpark

Hauptstrasse

}  740

}  840

}  675

}  500

    2755

Die durchsnittliche Haltestellenentfernung beträgt also690 m
Die Haltestellen haben mit Ausnahme der Haltestelle Bayerischer Platz vorläufig nur eine Treppe und 45 m Bahnsteiglänge, entsprechend einer Zuglänge von drei Wagen, sind jedoch so eingerichtet, dass bei Steigerung des Verkehrs jederzeit eine zweite Treppe am anderen Bahnsteigende und eine Verlängerung des Bahnsteiges auf 95 m entsprechend einer Zuglänge von 7 Wagen ausgeführt werden kann. Nur die Haltestelle Bayerischer Platz ist schon jetzt mit zwei Zugangstreppen und einer Bahnsteiglänge von 95 m hergestellt.
Sämtliche Bahnsteige sind als Inselbahnsteige zwischen den beiden Gleisen ausgeführt.
Die mittlere lichte Weite der Haltestellen beträgt12,5 m
Die Bahnsteigoberfläche liegt durchschnittlich unter
der Strasse
und wird erreicht mit

4 m
26 Stufen
Die Höhe der Bahnsteigoberfläche über der Schienenoberkante ist0,80 m
Die Entfernung der Bahnsteigvorderkante von der Mitte des Gleises ist1,20 m
Die Breite der Bahnsteige beträgt durchschnittlich
diejenigen der Zugangstreppen
7 m
3 bis 4 m


Haltestelle Hauptstrasse, Vorraum
Entwurf: Architekt Jatzow.

Haltestelle Hauptstrasse, Eingang
Entwurf: Architekt Jatzow

In dem tiefliegenden Stadtparkgelände tritt die Bahn mit ihrer Haltestelle "Stadtpark" als Ueberführung der Innsbrucker Strasse über das Tal des Parkes zutage.



Haltestelle Stadtpark, Ansicht nach der Teichseite
Entwurf: Architekt Schaudt.


Haltestelle Stadtpark, Querschnitt



Haltestelle Stadtpark, Inneres



Haltestelle Stadtpark, Vorraum
Entwurf: Architekt Schaudt

Haltestelle Stadtpark, figürlicher Schmuck auf der Brücke
Entwurf: Architekt Schaudt
Bildhauer: Professor Guhr


Haltestelle Bayerischer Platz, Inneres



Haltestelle Bayerischer Platz, Vorraum
Entwurf: Architekt Kraaz

Haltestelle Bayerischer Platz, Eingang Speyerer Strasse
Entwurf: Architekt Kraaz

Haltestelle Viktoria-Luisen-Platz, Eingang
Entwurf: Architekt Deneke


Haltestelle Nollendorfplatz, Inneres

Die Haltestelle der Schöneberger Untergrundbahn am Nollendorfplatz ist vorläufig als Endhaltestelle angelegt. Bei ihrer Ausbildung ist darauf Rücksicht genommen, dass sie endgültig unter dem Nollendorfplatz zu liegen kommen wird, und zwar mit der künftigen Untergrundbahnhaltestelle der Ergänzungslinie der Hochbahn zusammen als gemeinschaftlicher zweistöckiger Untergrundbahnhof.



Haltestelle Nollendorfplatz, Querschnitt mit Tieftunnel



Der Oberbau

Der Oberbau besteht behufs Erzielung einer möglichst ruhigen und stossfreien Fahrt aus Wechselstegschienen mit Verblattstoss auf kiefernen Querschwellen.

Das Gewicht der 115 mm hohen Schienen beträgt 27 kg für das laufende Meter. Die Schienen sind 12 m lang, auf eine Schienenlänge kommen 18 Stück Schwellen. Als Unterbettung ist beim Tunnel mit Sohle grober Kies, beim Tunnel ohne Sohle Basaltgeschläg der Sproitzer Basaltwerke aus der Niederlausitz verwendet.




Der Betriebsbahnhof und die Werkstätten


Betriebsbahnhof, Lageplan


Der Betriebsbahnhof liegt an der Innsbrucker Strasse zwischen der Ringbahn und der Wannseebahn und umfasst ein die Werkstätten und den Wagenschuppen enthaltendes Hauptgebäude mit einer Gesamtfläche von runf 1570 qm sowie ein Nebengebäude. Die Werkstatt hat eine Dreherei, eine Schlosserei, eine besonders abgeteilte Schmiede, ferner je einen besonders abgeteilten Raum für Ankerwickelei und Klempnerei, für Glaserei, für Tischlerei und Polsterei, für Aufbewahrung der Verbrauchsstoffe, für die Schalttafelanlagen sowie je einen Raum für den Betriebsingenieur und den Werkmeister.



Betriebsbahnhof, Querschnitt A-B


Der an die Werkstatt anschliessende Wagenschuppen von 30 m Länge hat fünf mit Untersuchungsgruben ausgestattete Gleise, auf welchen fünf Züge von je zwei Wagen Platz haben.

Das Nebengebäude enthält einen Speise-, einen Umkleide- und einen Waschraum für die Arbeiter, sowie einen Anbau für die Abortanlagen.

Ausser den Werkstättengleisen stehen im Tunnel südlich der Haltestelle Hauptstrasse zwei Aufstellungsgleise für drei Dreiwagenzüge zur Verfügung. Weitere Aufstellungsgleise sind bei der endgültigen Anlage der Untergrundbahnhaltestelle Nollendorfplatz vorgesehen.



Betriebsbahnhof

Fertiger Tunnel, Rampe zum Betriebsbahnhof mit Tunnelmund


Die Fahrzeuge


Wagenzug

Die Züge der Schöneberger Untergrunbahn bestehen vorläufig nur aus zwei Wagen und zwar einem Raucher- und einem Nichtraucherwagen. Die Wagen sind sämtlich als Triebwagen eingerichtet und jeder Wagen enthält getrennte Abteile für die II. und die III. Klasse. Im übrigen haben die Wagen die gleiche Grösse und die gleiche Platzeinteilung wie diejenigen der im Betrieb befindlichen Berliner Hoch- und Untergrundbahn.



Wagenzug



Wageninneres

Der Wagenpark besteht zunächst aus 12 Triebwagen mit je zwei Drehgestellen.

Jeder Wagen enthält 12 Sitzplätze II. Klasse und 18 Sitzplätze III. Klasse; ferner hat jeder Wagen Raum für etwa 25 Stehplätze. Das Leergewicht eines zweimotorigen Wagens beträgt etwa 20 t.

Bei zunehmendem Verkehr sollen dann Dreiwagenzüge und später Fünfwagenzüge gefahren werden, wobei zwischen je zwei Triebwagen ein Beiwagen in den Zug eingestellt wird.

Die zulässige Fahrgeschwindigkeit ist durch die Genehmigungsurkunde auf 50 km in der Stunde festgesetzt.


Die elektrische Ausrüstung der Bahn

Zur Sicherung des Betriebes ist eine elektrische Streckenblockierung für eine Zugfolge von 2½ Minuten eingerichtet. Jede Haltestelle erhält ein Einfahrt- und ein Ausfahrtsignal.

Die Weichenstellwerke auf den Endhaltestellen Nollendorfplatz und Hauptstrasse werden elektrisch betätigt, wobei eine kleine Umformeranlage mit Akkumulatorenbatterie als Stromquelle dient.


Hochspannungs-Schaltwagen im Erdgeschoss des Umformerwerkes

Jede Haltestelle enthält eine Mikrophonsprechstelle, vermittelst welcher sie sich sowohl unmittelbar mit ihren beiden benachbarten als auch, durch Vermittlung der Fernsprechstelle in der Werkstätte, mit jeder anderen Haltestelle in Verbindung setzen kann.

Für den Betrieb der Bahn wird Gleichstrom von 750 Volt Spannung verwendet. Die Stromzuführung für die Wagen erfolgt in der Werkstätte und im Wagenschuppen durch eine aus Winkeleisen bestehende Oberleitung, im Tunnel durch eine Arbeitsleitung aus Eisenbahnschienen von 27,5 kg/m Gewicht, die auf den Bahnschwellen mittels aufgeschraubter Isolatorenblöcke befestigt ist. Als Rückleitung dienen die Fahrschienen der BAhn, welche an den Stössen durch Kupferverbinder leitend verbunden sind. Die Stromzuführung ist für eine Zugfolge von drei Wagenzügen in Zwischenräumen von 2½ Minuten ausgeführt. Der Speisepunkt der elektrischen Arbeitsanlagen befindet sich auf dem Werkstättengelände.

Die elektrische Beleuchtung der Bahnanlage erfolt von den einzelnen Haltestellen aus, indem an jeder Haltestelle besondere Stromkreise für die Beleuchtung der einzelnen Teile der Haltestelle und des jeweils anschliessenden Tunnelstückes von dem für alle Haltestellen gemeinsamen Speisekabel abzweigen.



Das Umformerwerk


Umformerwerk an der Innsbrucker Strasse
Schalttafel im Maschinenhause

Die Stromlieferung erfolgt von einem dem Elektrizitätswerke "Südwest" gehörigen Umformerwerk aus, das dicht am Betriebsbahnhof erbaut wurde. Dort formen zwei Kaskaden-Umformer (Bauart Siemens-Schuckert) von je 750 KW. den von dem Elektrizitätswerk "Südwest" gelieferten Drehstrom von 6600 Volt und 50 Pulsen in Gleichstrom von 780 Volt um. Eine Pufferbatterie von 1250 Amp./Std. Leistungsfähigkeit in Verbindung mit einer umkehrbaren Zusatzmaschine (System Pirani) dient zum Ausgleich der stark schwankenden Bahnstromentnahme. Platz für zwei weitere Umformer ist vorgesehen. Die gesamte elektrische Einrichtung des Umformerwerkes wurde von den Siemens-Schuckertwerken G. m. b. H. geliefert.



Umformerwerk in der Innsbrucker Strasse. Kaskaden-Umformer



Fahrplan

Die Züge verkehren bis auf weiteres von morgens 542 Uhr ab Hauptstrasse bis 722 Uhr in Abständen von 10 Minuten, von 722 Uhr vormittags bis 11 Uhr abends in Abständen von 5 Minuten, und von 11 Uhr abends bis 123 Uhr nachts ab Nollendorfplatz wieder in Abständen von 10 Minuten.

Die Fahrtdauer auf der ganzen Strecke von Hauptstrasse bis Nollendorfplatz beträgt 6¾ Minuten.



Fahrpreise

Die Preise für die Einzelfahrkarten im Uebergangsverkehr mit der Hochbahn stellen sich wie folgt:

 von:
Nollen-
dorf-
platz
Viktoria-
Luisen-
Platz
Baye-
rischer
Platz
Stadt-
park
Haupt-
strasse
nach:III.
Kl.
Pf.
II.
Kl.
Pf.
III.
Kl.
Pf.
II.
Kl.
Pf.
III.
Kl.
Pf.
II.
Kl.
Pf.
III.
Kl.
Pf.
II.
Kl.
Pf.
III.
Kl.
Pf.
II.
Kl.
Pf.
Bayerischer Platz
Bismarckstrasse
Friedrichstrasse
Hallesches Tor
Hauptstrasse
Leipziger Platz
Nollendorfplatz
Stadtpark
Viktoria-Luisen-Platz
Zoologischer Garten
10
10
10
10
10
10
-
10
10
10
15
15
15
15
15
15
-
15
15
15
10
15
15
10
10
10
10
10
-
10
15
20
20
15
15
15
15
15
-
15
-
15
15
15
10
10
10
10
10
10
-
20
20
20
15
15
15
15
15
15
10
15
15
15
10
15
10
-
10
15
15
20
20
20
15
20
15
-
15
20
10
20
20
15
-
15
10
10
10
15
15
30
30
20
-
20
15
15
15
20

Für den Schöneberger Ortsverkehr werden Rückfahrkarten Nollendorfplatz-Hauptstrasse und zurück ausgegeben, und zwar für die III. Klasse zu 15 Pf., für die II. Klasse zu 20 Pf.

Bis 8¼ Uhr morgens werden Frühverkehrskarten zu gleich ermässigten Preisen wie bei der Hochbahn ausgegeben.



BAUAUSFÜHRUNG

der

Bahn im eigenen Betrieb

der

Siemens & Halske A.-G.





Einrammen von I-Eisen in den Boden für die Baugrubeneinfassung mittels elektrisch angetriebener Ramme


Ueberbrückung der Tunnelbaugrube an einer eine Strassenbahn enthaltende Strassenkreuzung mittels Trägern, Kanthölzern und Bohlen zwecks aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs

Die Bauausführung der gesamten Schöneberger Untergrundbahn erfolgte durch die Siemens & Halske A.-G., und zwar in deren eigenem Betriebe; sie umfasste: Das elektrische Einrammen der eisernen Pfähle für die Baugrubeneinfassungen, die Lösung der Erde und Förderung derselben mittels Benzollokomotiven, die Senkung des Grundwasserspiegels mittels aus Filterbrunnen bestehender, elektrisch angetriebener Wasserhaltungsanlagen, die Betonierungsarbeiten mittels elektrisch angetriebener Betonmischmaschinen und Druckluftbetonstampfern, die Bearbeitung des Eisens in eigener Werkstätte und die Aufstellung desselben auf dem Bauplatze, das Ziehen der eingerammten Pfähle nach beendigtem Tunnelbau mittels einer besonders hierfür ausgebildeten elektrisch betätigten Ziehmaschine.

Sämtliche Baumaschinen wurden zur tunlichsten Vermeidung von Rauch- und Geräuschbelästigung der Nachbarschaft an der Baugrube mit elektrischer Kraft angetrieben, welche in einem besonders hierfür errichteten Baukraftwerk am Alten Mühlenweg erzeugt wurde.

Dasselbe enthielt:
3Heissdampf-Kompound-Lokomobilen der Firma R. Wolf, Magdeburg, von zusammen 226 PS. Normalleistung;
3Gleichstrom-Erzeuger für 700 bis 750 Volt mit einer Leistung von zusammen 160 KW.;
1Schalttafel, bestehend aus 3 Feldern mit Spannungszeigern, Stromzeigern, Zählern, Höchststrom-Ausschaltern, Sicherungen usw.

Nachdem vorerst die dem Zuge des Tunnels im Wege liegenden Leitungen des öffentlichen Versorgungsnetzes, wie Schmutzwasserleitungen, Gasleitungen, Wasserleitungen, elektrische Leitungen und dergleichen umgelegt und die nötigen Umänderungsarbeiten an den Strassenbefestigungen vorgenommen waren, wurden die Bauzäune für den eigentlichen Tunnelbau errichtet und die I-förmigen eisernen Spundpfähle für die zukünftige einfassung der Tunnelbaugrube mittels elektrischer Rammen in den Boden eingetrieben. Sodann wurden an den Strassenkreuzungen Baugrubenüberbrückungen in die Oberfläche der Strasse eingelegt und die Erdausschachtungsarbeiten in Angriff genommen. Die gelöste Erde wurde mittels Benzollokomotiven von 16 PS. in Kippwagen aus der Baugrube nach dem neuen Schöneberger Stadtpark gefahren, wo sie zur Aufhöhung des Geländes geeignete Verwendung fand.



Förderung des gelösten Bodens mittels Arbeitszügen aus der Tunnelbaugrube nach dem Stadtparkgelände zwecks Aufhöhung desselben



Einschalung der Baugrube mittel wagerecht gelegter Bohlen, welche an die eingerammten I-Eisen durch Hakenschrauben angeschraubt und an die Erdwand angepresst werden


Baugrube zum Teil ausgeschachtet. Aufhängen von Leitungen des öffentlichen Versorgungsnetzes in der Baugrube

Fortschreitend mit den Erdausschachtungen wurde die Tunnelbaugrube eingeschalt, indem wagerechte eiserne Bohlen an die Vorderflanschen der eisernen Spundpfähle mittels Hakenschrauben befestigt wurden. Die bei den Ausschachtungsarbeiten blossgelegten Strassenleitungen (Kanäle, Rohre usw.) wurden bis zur Fertigstellung des Tunnels einstweilen an waagerechten I-Trägern aufgehängt und später nach Fertigstellung des Tunnels über dem Tunnelrücken bei der Hinterfüllung desselben in Sand eingebettet.

Während der Ramm- und Erdarbeiten wurden die Futterröhren für die Filterbrunnen der Grundwasserhaltungen in den Boden gebohrt, die Filter und Sauger eingesetzt, die Futterrohre gezogen, die Sauge- und Abflussleitungen gelegt und die Maschinenanlage für das Wasserpumpen, bestehnd aus den elektrischen Motoren und den Kreiselpumpen, aufgestellt. Sobald die Erdarbeiten bis zum natürlichen Grundwasserspiegel hinuntergetrieben waren, wurde die Grundwasserhaltungsanlage in Betrieb genommen. Letztere musste, da in den Strassen Mangel an Raum ear, innerhalb der ausgeschachteten Tunnelbaugruben angeordnet und mit fortschreitender Erdausschachtung an die Baugrubenabsteifung angehängt werden.



Gesamtansicht der nach einem neuartigen Verfahren hergestellten Wasserhaltungsanlage auf dem Viktoria-Luisen-Platz



Wasserhaltung für den Tunnel der Haltestelle Nollendorfplatz

Wasserhaltung für den eingleisigen Tunnel vor dem Betriebsbahnhof


Herstellen der wagerechten Dichtungsunterlage für die Tunnelsohle. Stampfen des Btons mit Druckluftstampfern. Abfuhr des auf der vorhergehenden Strecke gelösten Bodens mittels des durch eine Benzollokomotive gezogenen Arbeitszuges


Aufbringen der dreifachen Dichtung der Tunnelsohle auf die wagerechte Betonunterlage

Nach Aushub des Bodens bis zur Unterfläche des zukünftigen Tunnels wurde auf der Sohle und an den mit Holzbohlen verschalten Baugrubenwänden vorerst als Unterlage eine dünne Schicht Beton aufgebracht, auf welcher sodann Pappe mit Bitumen in mehrfacher Lage als wasserundurchlässige Abdichtung aufgeklebt wurde. Alsdann wurde mit dem Betonieren der eigentlichen Tunnelsohle und des fortlaufenden Mittelstreifens zwischen den Bettungskoffern der beiden Gleise begonnen. Nach erhärtung des Betons wurde das Eisengerippe des Tunnels selbst, bestehend aus einer Reihe Säulen auf dem Mittelstreifen und zwei Reihen von Wandstützen, aufgestellt. Auf der Säulenreihe wurden die eisernen Unterzüge gelagert und quer darüber die Deckenträger. Sobald das Eisengerippe ausgerichtet war, wurden die Tunnelseitenwände hochbetoniert und die Deckenkappen auf einer gewölbten Schalung zwischen den Querträgern eingestampft, wobei die Schalung durch Rundeisenbügel an den Deckenträgern befestigt wurde. Zum Betonieren wurden Stampfer aus Aluminium mit Pressluftantrieb verwendet. Nach Herstellung der Betondecke des Tunnels wurde die wasserdichte Umhüllung des Tunnels auch auf der Decke aufgeklebt und darüber eine 5 cm starke Betonschicht aufgebracht.

Sodann wurden die nunmehr fertiggestellten Tunnelkörper hinterfüllt, die gerammten eisernen Spundpfähle mit Hilfe einer zu diesem Zweck ausgebildeten elektrisch angetriebenen Ziehmaschine aus dem Boden herausgezogen und die Strassen durch Wiederherstellung der Pflasterungen in ihren alten Zustand gebracht.



Aufbringen der Dichtung auf die senkrechte Betonunterlage vor Aufstellung des Tunneleisens

Fertige wagerechte Dichtungsunterlage der Tunnelsohle. Die Baugrube ist für die Ausführung der Seitenwände fertig verschalt und abgesteift


Betonieren der Tunnelsohle. Rechts und links schauen die drei Lagen der Dichtung über die Betonsohle hervor

Fertige senkrechte Dichtungsunterlage. Im Hintergrunde Aufstellen der Mittelstützen


Aufstellen des Tunneleisens in einer Haltestelle

Aufstellen des Tunneleisens auf freier Strecke


Einbau einer brückenartigen Eiseneinlage in die Tunnelwände zwecks Erleichterung der späteren Herstellung einer Tunnelunterführung im Zuge der Grunewaldstrasse

Betonieren der Tunnelwände. Links: unterer Teil der Tunnelwand fertig betoniert und ausgeschalt


Aufbringen der Dichtung auf die fertig betonierte Tunneldecke

Betonieren der Tunneldecke mit Druckluftstampfern


Betonieren der Schutzschicht auf die fertige Deckendichtung

Betonieren von Rohrgräben mit Eiseneinlagen für die über die Tunneldecke hinwegzuführenden Leitungen des öffentlichen Versorgungsnetzes


Blick auf die abgesteifte und ausgeschachtete Baugrube in der Speyerer Strasse

Herausziehen der Rammträger mittels elektrisch angetriebener Ziehmaschine


Werk- und Lagerplätze
Im Hintergrunde Eisenwerkstatt und Eisenlager, links das Baukraftwerk, die Schmiede für kleine Bauarbeiten, die Holzschneiderei für die Schablonen zum Betonieren, eine Betonmischmaschine, das Lager für die Bedarfstoffe der Beleuchtungs- und Kraftanlagen der Baustellen



Baukraftwerk zur Erzeugung des elektrischen Stromes für den Antrieb der Baumaschinen und für die Beleuchtung der Baustellen.


Elektrisch betriebene Holzschneiderei zwecks Herstellung der Schablonen für die Betonierungsarbeiten

Das Eisen für den Tunnel wurde in einer eigens hierzu errichteten Bauwerkstätte der Siemens & Halske A.-G. in der Nähe des Stadtparkgeländes fertig zum Aufstellen bearbeitet und von hier mittels Schmalspurgleisen durch den inzwischen fertiggestellten Teil des Tunnels hindurch an die Verwendungsstelle geschafft. Die Bauwerkstätte, in welcher gleichzeitig die laufenden Ausbesserungen der Baumaschinen, insbesondere der Benzollokomotiven, ausgeführt wurden, enthielt unter anderen: Die nötigen Bohr- und Hobelmaschinen, eine Kaltsäge, eine Schmirgelscheibe, eine Spiralbohrschleifmaschine. Genietet wurde mit Druckluftniethämmern. Die Eisen wurden, wo immer möglich, mit dem Autogen-Brennapparat zerschnitten. Die Maschinen der Bauwerkstätte wurden über eine gemeinsame Welle durch einen 12 PS.-Gleichstrommotor angetrieben.

Nach Fertigstellung des Tunnelrohbaues wurde der Oberbau der Bahn verlegt, wobei die Baustoffe, wie Schienen, Schwellen, Kies und Basaltkleinschlag, an der kreuzung der Ringbahn mit der Untergrundbahn in den Tunnel eingebracht und von dort aus auf Schmalspurgleisen an die Verwendungsstelle geschafft wurden. Gleichzeitig mit diesen Arbeiten wurde der Innenausbau für die fünf Haltestellen betrieben, die elektrischen Arbeitsleitungen auf den Bahnschwellen verlegt, der Tunnel mit der endgültigen elektrischen Beleuchtung versehen und das Eisen und die Wandflächen des Tunnels angestrichen.

Verbraucht wurden:
an Beton etwa
an Eisen etwa
Der bewegte Boden betrug etwa
50 000
3 500
200 000
cbm
t
cbm

Beschäftigt waren durchschnittlich an einem Tage 500 Arbeiter.
Hiervon ware:150
190
60
10
50
40
Erdarbeiter,
Betonarbeiter,
Zimmerleute,
Maurer,
Schlosser,
Elektromonteure.


Trägerlager und Eisenwerkstatt (rechts). Die Deckenträger, Unterzüge und Wandstützen des Tunnels wurden hier gelagert und bearbeitet



Inneres der mit elektrischem Antrieb versehenen Werkstatt für die Bearbeitung des Tunneleisens


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