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[ U-Bahn-Archiv / historische Dokumente / sonstiges ]

Die Entwicklung
der Stromerzeugungsanlagen

der Hoch- und Untergrundbahn
in Berlin




Von

E. Pavel

Baurat

Direktor der Hochbahngesellschaft




BERLIN 1927


Die Entwicklung der Stromerzeugungsanlagen
der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin

Bei der Eröffnung der elektrischen Hoch- und Untergrundbahn in Berlin am 18. Februar 1902 stand für deren Stromversorgung ein in der Trebbiner Straße nahe dem Gleisdreieck errichtetes Gleichstromkraftwerk zur Verfügung. Es war ausgerüstet mit drei stehenden Verbunddampfmaschinen, die mit 800 kW Gleichstromdynamos für 780 V gekuppelt waren, und einer Kesselanlage von 6 Wasserröhrenkesseln mit insgesamt 1500 qm Heizfläche, die im Geschoß über der Maschinenhalle aufgestellt waren. Das Werk lag ungefähr im Schwerpunkt des für den ersten Ausbau in Aussicht genommenen Schnellbahnnetzes.



Abb. 1.  Kraftwerk Trebbiner Straße


Da der Verkehr auf der Bahn bald erheblich zunahm, wurde noch im Jahre 1902 die Aufstellung einer stehenden Zweifach-Expansionsdampfmaschine, mit einem 1100-kW-Gleichstromdynamo gekuppelt, erforderlich. 1904 wurde eine zweite Maschine gleicher Leistung aufgestellt und gleichzeitig die Kesselanlage um vier Kessel erweitert.

Im Jahre 1906 folgte die Erweiterung der Bahn vom Bahnhof Knie bis zum Bahnhof Wilhelmplatz in Charlottenburg. Die Versorgung dieser neuen Strecke mit Gleichstrom unmittelbar aus dem Kraftwerk war wirtschaftlich nicht mehr vertretbar. Es wurde daher beim Bahnhof Bismarckstraße ein Umformerwerk erbaut, für das 4 Einankerumformer mit je einem Transformator von 730 kW zur Umformung hochgespannten Drehstroms in Gleichstrom von 780 V vorgesehen waren, von denen zunächst zwei zur Aufstellung kamen. Dieses Umformerwerk war auch dazu bestimmt, die im Zuge des Kaiserdamms geplante Strecke nach Westend mit Strom zu versorgen.

Der Drehstrom sollte vorübergehend im Kraftwerk Trebbiner Straße durch Motorgeneratoren erzeugt werden. Da der Einbau der Motorgeneratoren im Kraftwerk selbst wegen Raummangel nicht möglich war, mußten zunächst zwei der für das Umformerwerk Bismarckstraße bestimmten Einankerumformer auf dem Kraftwerksgrundstück behelfsmäßig für die Erzeugung des Drehstroms von 10 000 V und 40 Perioden aufgestellt werden.



Abb. 2.  Kraftwerk Trebbiner Straße, Maschinenhalle



Abb. 3.  Kraftwerk Trebbiner Straße, Schnitt durch Maschinen- und Kesselhaus



Abb. 4.  Kraftwerk Trebbiner Straße, Kesselhaus


Die Verlängerung der Weststrecke durch den neu angelegten Kaiserdamm bis zum Bahnhof Reichskanzlerplatz und der Stadtstrecke vom Potsdamer Platz bis zum Spittelmarkt machte dann eine größere Erweiterung des Kraftwerks auch in baulicher Hinsicht erforderlich. Es wurden 2 Dampfturbinen, die mit je zwei 1200-kW-Gleichstrom-Generatoren gekuppelt waren, und 8 Kessel mit etwa 2400 qm Gesamtheizfläche und vorgeschalteten Gruppen Ekonomisern aufgestellt.


Abb. 4.  Kraftwerk Trebbiner Straße, Grundriß der Maschinenhalle nach dem letzten Ausbau


Nach der Inbetriebnahme dieser Erweiterungsanlage wechselte man eine der alten Verbunddampfmaschinen gegen zwei 1000-kW-Motorgeneratoren aus, die den Gleichstrom von 780 V in Drehstrom von 10 000 Volt umformten und damit die Stromversorgung des Umformerwerkes Bismarckstraße übernahmen. Man wählte Motorgeneratoren, weil diese später umgekehrt den Drehstrom in Gleichstrom umformen sollten. Die oben erwähnten, nahe dem Kraftwerk behelfsmäßig aufgestellten Einankerumformer wurden abgebaut und nach dem Umformerwerk Bismarckstraße gebracht. Für die Gleichstromerzeugung standen nunmehr 2 Dampfturbinen von je 2400 kW, 2 Dampfmaschinen von je 1100 kW und 2 Dampfmaschinen von je 800 kW zur Verfügung, insgesamt also 8600 kW installierte Maschinenleistung.

Größere Ansprüche an die Kraftversorgung waren mit der Verlängerung der Weststrecke bis zum Bahnhof Stadion und der Stadtstrecke bis zum Bahnhof Nordring zu erwarten, ferner durch den Bau der Strecke bis zum Bahnhof Uhlandstraße und der für den Anschluß der Wilmersdorfer Bahn bestimmten Abzweigung Wittenbergplatz-Nürnberger Platz. Diesen Ansprüchen konnte durch den weiteren Ausbau des Kraftwerks Trebbiner Straße der örtlichen Verhältnisse wegen nicht mehr genügt werden. Es wurde daher der Bau eines neuen Kraftwerks mit einer Erweiterungsmöglichkeit auf 50 000 bis 60 000 kW beschlossen.


Abb. 6.  Lageplan des Umformerwerkes Senefelderplatz


Dieses zweite Kraftwerk sollte nur hochgespannten Drehstrom erzeugen und das schon bestehende Umformerwerk Bismarckstraße und ein neu zu errichtendes Umformerwerk Senefelderplatz in der Schönhauser Allee speisen, gleichzeitig sollte es das Kraftwerk Trebbiner Straße durch Lieferung von Drehstrom unterstützen. Die im Kraftwerk Trebbiner Straße vorhandenen Motorgeneratoren konnten, wie oben erwähnt, zur Umformung des Drehstroms in Gleichstrom benutzt werden und nötigenfalls auch im umgekehrten Sinne Strom an das Kraftwerk Unterspree abgeben, so daß dadurch eine wechselseitige Unterstützung der Kraftwerke gegeben war. Mit dem Bau des neuen Kraftwerks wurde im Jahre 1909 begonnen. Der Bauplatz lag in der Gemarkung Ruhleben unweit des Spandauer Bocks an der Spree. Das Werk wurde im Jahre 1911 in Betrieb genommen.



Abb. 7.  Kraftwerk Unterspree von der Wasserseite,
mit Bollwerk und Kohlenladebrücke



Abb. 8.  Lageplan des Kraftwerks Unterspree


Die Lage des Kraftwerks an der Spree gestattet die Anfuhr der für das Kraftwerk erforderlichen Kohle auf dem Wasserwege und gewährleistet das notwendige Kühlwasser für die Turbinenkondensation. Für das Anlegen der Kohlenkähne wurde am Spreeufer ein Bollwerk errichtet. Die Lagerung der Kohle geschieht auf einem 70x150 m großen, zwischen Spree und Kraftwerk gelegenen Lagerplatz. Ueber diesem Platz ist eine 71 m breite, fahrbare Kohlenladebrücke erbaut, die mit einer selbsttätigen geeichten Wiegeeinrichtung versehen ist. Die Förderung der Kohle ist vom Kahn zum Lagerplatz und zu den Bunkertrichtern einer Kohlenbecheranlage möglich, mit Hilfe einer Elektrohängebahn auch vom Kohlenplatz zu den Bunkertrichtern der Becheranlage.

Das Kesselhaus wurde für den Einbau von 10 Kesseln mit 4 Gruppen-Ekonomisern vorgesehen, von denen zunächst 7 Kessel mit etwa 3200 qm und 3 Gruppen-Ekonomiser von etwa 2000 qm Heizfläche aufgestellt wurden. Sämtliche Kessel sind mit Wanderrosten versehen und für automatische Beschickung eingerichtet; sie arbeiten mit einem Betriebsdruck von 15 at und mit überhitztem Dampf von 325° C.



Abb. 9.  Kraftwerk Unterspree, Turbinenhalle



Abb. 10.  Kraftwerk Unterspree, Kesselhaus


Abb. 11.  Kraftwerk Unterspree, Turbo-Speisepumpen

Die Kesselkohlentrichter werden aus Bunkern beschickt, die über dem Mittelgang zwischen den beiden Kesselreihen eingebaut sind. Die jedem Kesselkohlentrichter zugeführte Kohle wird über eine halbautomatische Wage geleitet, die eine genaue Kontrolle der den einzelnen Kesseln zugeführten Kohlenmenge gestattet. Für die Beschickung der Bunker sorgt die im Dachgeschoß befindliche Becheranlage, die mit dem oben angeführten Bunkertrichter in Verbindung steht.

Die Kessel werden durch drei mit Dampfturbinen gekuppelte Schleuderpumpen gespeist. Der im Kesselhaus erzeugte Dampf wird den im Maschinenhaus aufgestellten drei Turboaggregaten durch eine Ringleitung zugeführt. Jedes dieser Aggregate besteht aus einer Dampfturbine, die mit einem Drehstromgenerator von 4000 kW Leistung, 2650-2800 V Spannung, 40 Perioden und 1200 Umdrehungen in der Minute unmittelbar gekuppelt ist.

Die von den Generatoren erzeugte Maschinenspannung von 2650 V wird durch wassergekühlte Oeltransformatoren auf 10000 V umgespannt.

Die garantierten Dampfverbrauchszahlen waren:
bei 1/1 ¾ ½ ¼ Last
5,7 5,9 6,5 7,9 kg/kWh

Zur Erregung der Generatoren dienen fliegend angebaute Erregermaschinen für 200 V Gleichstrom. Die Reinigung der von den Generatoren angesaugten Luft wird durch drei Tuchlüfter vorgenommen. Jede Turbine ist mit einer besonderen Oberflächenkondensationsanlage ausgerüstet, in welcher der Abdampf der Turbinen niedergeschlagen wird. Das für die Kondensatoren benötigte Kühlwasser wird der Spree entnommen und durch einen besonders für diesen Zweck angelegten Kanal, der oberhalb des Kraftwerks von der Spree abzweigt, den elektrisch angetriebenen Schleuderpumpen der Kondensationsanlagen zugeführt. Die Pumpen drücken das Kühlwasser durch die Kondensatoren einem Abflußkanal zu, der unterhalb des Kraftwerkgrundstückes in die Spree mündet.

Unmittelbar mit den Kühlwasserpumpen gekuppelt sind die für die Erzeugung des Vakuums dienenden Schieberluftpumpen mit einer stündlichen Ansaugleistung von je 2000 cbm. Das Kondensat wird durch elektrisch angetriebene Schleuderpumpen den im Maschinenhaus aufgestellten Kondensatsammelbehältern zugeführt, von wo es den oben erwähnten Speisepumpen zuläuft.

Für die Hausbeleuchtung und den Hilfsstrombedarf der Schaltanlage wurde eine Akkumulatorenbatterie aufgestellt. Die Versorgung des Eigenbedarfs von 220 V Gleichstrom und die Ladung der Batterie geschieht durch zwei 100-kW-Motorgeneratoren, welche im Maschinenhaus untergebracht sind. Diese Motorgeneratoren gestatten auch mit Hilfe der Batterie und unter Zwischenschaltung eines Transformators auf der Drehstromseite, bei Stillstand der Hauptmaschine, die Inbetriebsetzung der oben geschilderten Kondensationsanlage.

Der durch Turboaggregate erzeugte und durch Transformatoren auf 10 000 V umgespannte Drehstrom wird einem besonderen Schalthaus zugeführt, und zwar über entsprechende Oelschalter einem doppelten Sammelschienensystem, dessen einzelne Phasen zur Erhöhung der Betriebssicherheit jede für sich in eine Zelle verlegt wurden.


Abb. 12.  Kraftwerk Unterspree, Schnitt durch das Kraftwerk und die Bekohlungsanlage



Abb. 13.  Kraftwerk Unterspree, Schnitt durch Kessel- und Maschinenhaus


Für die Beaobachtung und Bedienung der Anlagen ist im Obergeschoß des Schalthauses eine Warte errichtet, von der aus die ganze Maschinenhalle übersehen werden kann (Abb. 14). In dieser Warte befinden sich zwei Schaltpulte, das eine für die Schaltung der Generatoren, das andere für die Schaltung der Speisekabel. Auf zwei Schalttafeln sind die Nebenapparate der Generatoren, registrierende Leistungsanzeiger, Schnellregler, Nebenschlußregeler, Schalt- und Meßgeräte für die Nebenverbrauchstransformatoren und sonstige Schalt- und Meßgeräte untergebracht.



Abb. 14.  Kraftwerk Unterspree, Beobachtungs- und Bedienungswarte


Im Jahre 1924 wurde einer der drei Turbosätze ausgewechselt und unter Beibehaltung des Fundaments und der gesamten Kondensationsanlage ein neuer 4250 kW starker Turbosatz für 2400 Umdrehungen/min aufgestellt, dessen Generator unmittelbar für 10000 V gewickelt ist. Für den Austausch waren nur wirtschaftliche Gründe maßgebend. Die neue Turbine hat infolge der Erhöhung der Tourenzahl auf 2400 und dadurch, daß der Generator unmittelbar für 10000 V gewickelt wurde, gegenüber älteren Turbinen einen um 15 v.H. geringeren Dampfverbrauch. Von dem Kraftwerk in diesem Ausbaustadium - 12250 kW installierte Leistung - wurden die Umformerwerke Bismarckstraße und Senefelderplatz, die Werkstatt Grunewald und die beiden Motorgeneratoren im Kraftwerk Trebbiner Straße versorgt.

Der mit dem fortschreitenden Ausbau der Nordsüdbahn wachsende Uebergangsverkehr zur Stadtstrecke, der mit jedem Jahr steigende eigene Verkehr und die Inbetriebnahme der sogenannten Verstärkungslinie Gleisdreieck-Kurfürstenstraße-Nollendorfplatz-Wittenbergplatz bedingen eine weitere Vergrößerung der Stromerzeugungsanlage. Vor allem hatten die vom Kraftwerk Trebbiner Straße gespeisten Strecken erhöhten Kraftbedarf. Eine Erweiterung dieses Kraftwerks war indessen nicht angängig, zudem waren die vorhandenen Anlagen abgenutzt und veraltet; sie arbeiteten daher unwirtschaftlich und erforderten dauernd hohe Unterhaltungskosten. Man entschloß sich deshalb, das alte Kraftwerk Trebbiner Straße aufzugeben und als Ersatz am Bahnhof Gleisdreieck ein modernes Umformerwerk zu errichten. Dieses Umformerwerk sollte dann vom Kraftwerk Unterspree, nach dessen Erweiterung, mit Strom versorgt werden.

Die Abkehr von der unmittelbaren Gleichstromerzeugung und der Uebergang zur Erzeugung von Drehstrom im Kraftwerk und dessen Umformung in Gleichstrom in besonderen Umformerwerken ergab sich aus den nachstehenden Gründen:

Die Verwendung hochgespannten Drehstroms, der mit geringen Leitungsverlusten auf größere Entfernungen übertragen werden kann, gestattet die Zusammenfassung der Stromerzeugung in einem Werk mit größeren, wirtschaftlicher arbeitenden Maschineneinheiten, die sich bezüglich der Reserve besser ausnützen lassen. Auch gestattet der Benutzung von Drehstromgeneratoren statt Gleichstromgeneratoren die Verwendung schnellaufender Turbinen mit geringerem Dampfverbrauch.

Mit dem Neubau des Umformerwerks Gleisdreieck wurde im Jahre 1924 und mit der Erweiterung des Kraftwerks Unterspree im Jahre 1925 begonnen.


Abb. 15.  Kraftwerk Unterspree, Hilfsturbinensatz


Abb. 16.  Kraftwerk Unterspree, Querschnitt durch das Kesselhaus



Abb. 17.  Kraftwerk Unterspree, Kohlen-Becherwerk


Abb. 18.  Kraftwerk Unterspree, Automatische Kohlenwage


Abb. 19.  Kraftwerk Unterspree, Dampfstrahlpumpen

Vor der Erweiterung des Kraftwerkes angestellte Untersuchungen hatten ergeben, daß es mit Hochdruckdampf am wirtschaftlichsten arbeiten würde. Die Erfahrungen, die damals im Hochdruckbetrieb sowohl bezüglich der Turbinen und Kessel als auch über die günstigste Höhe des Dampfdruckes vorlagen, führten, zumal die Erweiterung der Kesselanlage noch nicht nötig war, zu dem Entschluß, vorerst bei dem bisherigen Dampfdruck zu bleiben, jedoch sämtliche wärmewirtschaftlichen Einrichtungen bereits für den Uebergang auf Hochdruckdampf vorzusehen. Sobald eine Erweiterung der Dampfkesselanlage erforderlich würde, sollte zum Hochdruckbetrieb übergegangen und eine entsprechende Hochdruckvorschaltturbine, gegebenenfalls als Ersatz einer alten Turbine, aufgestellt werden. Vorerst wurde daher die Maschinenanlage um zwei weitere Turbogeneratoren von je 10000 kW und n=2400/min. vergrößert, deren Generatoren für 10000 V gewickelt sind. Das Kraftwerk wurde so auf 32250 kW installierte Leistung gebracht.

Es wurden zweigehäusige, mit gefrästen Leitschaufeln versehene Turbinen mit folgenden Dampfverbrauch gewählt:
  1/1 ¾ ½ ¼ Last
4,8 4,7 4,85 5,1 kg/kWh

Es ist über einen weiten Belastungsbereich ein gleichmäßiger und geringer Dampfverbrauch erreicht worden.

Der Abdampf der Turbinen wird in Oberflächenkondensatoren niedergeschlagen. Zur Entfernung der im Abdampf enthaltenen Luft dienen Dampfstrahlluftpumpen. Das Kondensat der Turbinenkondensation wird für die Kühlung der Generatoren in Ringluftkühlern herangezogen, die außerdem im Sommer zur Hälfte mit Frischwasser beschickt werden. Die vom Generator an die Kühlluft abgegebene Wärme kommt auf diese Weise der Vorwärmung des Kesselspeisewassers im Winter vollständig und im Sommer zur Hälfe zugute.


Zur Beschickung der Turbinenkondesatoren sind Kühlwasserpumpen aufgestellt, die wahlweise durch einen asynchronen Drehstrommotor oder eine Dampfturbine mit zwischengeschaltetem Übersetzungsgetriebe angetrieben werden (Abb.15). Die Leistung von Turbine und Asynchronmotor ist zu je 180 kW bemessen. Die Drehzahl der Turbine beträgt 6000/min, die des Motors und der Kühlwasserpumpe 800/min. Durch Zwischenschaltung ausrückbarer Kupplungen zwischen Turbine und Motor einerseits und Motor und Pumpe anderseits kann die Pumpe sowohl vom Motor als auch von der Turbine unter Mitlauf des Motors angetrieben werden, ebenso kann auch die Turbine den Motor allein betreiben. Diese Anordnung ist deshalb gewählt worden, um unter Erregung des asynchronen Drehstrommotors mit Gleichstrom von der Rotorseite her diesen als Generator benutzen zu können, wie es in den nächtlichen Betriebspausen zur Deckung des von den Umformerwerken benötigten geringen Kraftbedarfs vorkommt.


Der durch die neuen Turbinen erhöhte Kühlwasserbedarf bedingt den Bau eines neuen Zuflußkanals, der an seinem Anfang, um die Verschmutzung der Kondensatoren nach Möglichkeit herabzusetzen, ein entsprechendes Einlaufbauwerk mit modernen Reinigungsvorrichtungen erhalten hat, an das auch der bereits bestehende Kanal mit angeschlossen wurde. Das der Spree entnommene Wasser durchfließt einen Grobrechen, fließt dann durch zwei einzeln absperrbare parallele Absetzbecken zu zwei Feinschlitzrechen, die mit selbsttätiger, umlaufender Abstreifvorrichtung versehen sind. Hinter diesen Feinschlitzrechen gelangt das Wasser in zwei umlaufende Siebbecherwerke und tritt dann in die Zulaufkanäle ein. In den Siebbecherwerken sollen alle Verunreinigungen des Wassers, die größer als 0,5 mm sind, aus dem Wasser ausgeschieden werden.


Abb. 20.  Kraftwerk Unterspree, Längsschnitt des Einlaufbauwerkes für die Kühlwasserversorgung



Abb. 21.  Kraftwerk Unterspree, Lageplan des Einlaufbauwerkes



Abb. 22.  Kraftwerk Unterspree, Querschnitt durch das Einlaufbauwerk


Die wärmetechnischen Einrichtungen, die bei Erweiterug des Werks neu ausgestaltet werden mußten, waren so auszuführen, daß sie bei dem für später vorgesehenen Betriebe mit Hochdruckdampf (35 at) ihre volle Wirksamkeit entfalten konnten.

Bei den vorliegenden Belastungsverhältnissen, die besonders in den Stunden von 7 bis 9 und 16 bis 20 Uhr starke Berge zeigen, zwischen denen entsprechende Täler liegen, erschienen Einrichtungen nötig, die eine gleichmäßigere Kesselleistung ermöglichen. Es wurden zu diesem Zwecke zwei Warmwasserspeicher mit je 125 cbm Inhalt aufgestellt, die in Wechselwirkung mit den entsprechend großen Kondensatbehältern arbeiten. In Zeiten der Belastungstäler wird durch Anzapfdampf der Turbinen das Kondensat vorgewärmt und in den Warmwasserspeichern gespeichert und so die Kesselbelastung entsprechend erhöht, während umgekehrt bei den Belastungsbergen die Anzapfung der Turbinen aussetzt und die Kessel aus den Warmwasserspeichern gespeist werden. Der Anzapfdampf dient außerdem zur Erzeugung des zusätzlichen Kesselspeisewassers in einer Verdampferanlage, der eine chemische Wasseraufbereitung vorgeschaltet ist. Bei dieser Wasseraufbereitung wird ebenfalls Turbinenanzapfdampf benutzt.



Abb. 23.  Kraftwerk Unterspree, Vorwärmer für das Kesselspeisewasser und Verdampfanlage


Die Wärme des in der Verdampferanlage und in der Wasseraufbereitung benutzen Anzapfdampfes wird dem Kesselspeisewasser wieder vollständig zugeführt, abgesehen von der Wärme, die durch das ablaufende Schlamm- und Laugenwasser verloren geht, und zwar in der Weise, daß das Turbinenkondensat durch einen Brüdenkondensator gedrückt wird und so den in dem Verdampfer erzeugten Brüdendampf niederschlägt. Nach dem Austritt des Wassers aus dem Brüdenkondensator fließt es durch mit Anzapfdampf beheizte Oberflächenvorwärmer zu den Warmwasserspeichern.

Die Regelung der Anlage geschieht im wesentlichen selbsttätig durch entsprechende Regelorgane, nur das richtige Maß der Ladung und der Entladung der Warmwasserspeicher wird durch einen "Wärmemann" überwacht.



Abb. 24.  Kraftwerk Unterspree, Wärmemeßzentrale


Für die Ueberwachung der gesamten wärmewirtschaftlichen Einrichtungen ist eine besondere Wärmezentrale errichtet worden, in der Apparate eingebaut sind für unmittelbares Anzeigen, für Registrieren und für Anzeigen durch Abtasten des Ekonomiserzuges, des Kesselzuges, des Gehaltes der Kesselgase an CO2 und CO+H2, der Rauchgastemperaturen an den Kesseln und Ekonomisern, der Dampfleistung der Kessel, des Kesseldampfdrucks, der Dampftemperatur, der Temperaturen des Kesselspeisewassers, des Wasserstandes in den Speichern und Kondensatbehältern und der elektrischen Belastung der Zentrale. Fernsteuer- und Fernmeldeanlage ermöglichen es dem Wärmemann, mit Hilfe der Veränderung des Kesselzuges auf eine einwandfreie Betriebsführung einzuwirken.

Mit Hilfe der neuen Turbinen und der eben geschilderten wärmewirtschaftlichen Maßnahmen konnte bisher eine Kohleersparnis von 12 v.H., auf die abgegebenen kWh bezogen, erreicht werden, doch ist nach endgültiger Inbetriebnahme aller Anlagen ein noch höherer Prozentsatz zu erwarten.

Um die Bekohlung der Kesselbunker auf eine durchaus sichere Grundlage zu stellen, wurde außerdem eine zweite Conveyeranlage aufgestellt.



Abb. 25.  Tagesbelastung des Kraftwerks Unterspree



Abb. 26.  Kraftwerk Unterspree, Kesselhaus
Blick auf die Instrumententafeln


Wie oben bereits erwähnt, wurde für die Erweiterung der Hochspannungsschaltanlage ein neues Schalthaus errichtet. Im Obergeschoß befindet sich ein doppeltes Sammelschienensystem, im Untergeschoß der Oelschalterraum. Jeder Oelschalter ist in einer besonderen, fest verschließbaren Zelle, die durch einen Kanal mit der Außenluft in Verbindung steht, untergebracht.

Die Sammelschienen der neuen und alten Anlage sind durch Trennschalter und Oelschalter miteinander gekuppelt. Durch diese Anordnung und entsprechende Verteilung der abgehenden Speisekabel ist Vorsorge getroffen, daß bei Ausfall eines der beiden Schalthäuser die Umformerwerke noch mit Strom beliefert werden können. Eine schematische Darstellung der Schaltanlage zeigt die am Schlusse angeheftete Beilage. Ferner sind beste Sicherheitseinrichtungen, wie Generatorenschutz, Polygon- und Achterschutz für die Kabel usw. vorgesehen.

Der bisher beabsichtigte großzügige Ausbau der Stromerzeugungsanlagen, der die Aufstellung von Hochdruckkesseln mit Kohlenstaubfeuerung, Lufterhitzung und den Einbau von Hochdruckvorschaltturbinen vorsieht, wird wohl nicht zur Ausführung kommen, weil wegen der engen Beziehungen zwischen Stadt und Hochbahngesellschaft die Stromversorgung für die kommenden nördlichen und östlichen Erweiterungslinien des Schnellbahnnetzes wahrscheinlich von der Berliner Städtische Elektrizitätswerke A. G. übernommen werden dürfte.



Abb. 27.  Kraftwerk Unterspree, Warmwasserspeicher


Wie bereits ausgeführt, ist an Stelle des Kraftwerks "Trebbiner Straße" das nahebei gelegene "Umformerwerk Gleisdreieck" getreten. Es wurde im Winter 1925/26 allmählich in Betrieb genommen; gleichzeitig wurden die bisher vom Kraftwerk Trebbiner Straße abgehenden Gleichstromspeisekabel und die vom Kraftwerk Unterspree kommenden Drehstromzuführungskabel nacheinander umgeschaltet.



Abb. 28.  Umformerwerk Gleisdreieck, Außenansicht


Das Umformerwerk Gleisdreieck besteht aus einer 34 m langen, 10 m breiten und 13 m hohen Maschinenhalle, die auf 6 mehrstieligen Fundamenten den Raum für die Aufstellung der Umformer bietet; ferner aus einem Schalthaus, in dessen 5 Stockwerken die erforderlichen Nebenanlagen wie Kabelkanal, 780-Volt-Schaltanlage, Bedienungsschaltanlage, Oelschalter und Sammelschienen untergebracht sind. Im Dachgeschoß befindet sich außerdem noch ein Unterrichtsraum für das Personal. Mit einem Teil der Nebenanlagen, wie dem Transformatoren- und Akkulumatorenraum, greift das Werk in mehrere Bögen des Hochbahnviaduktes hinein.

Das Schalthaus befindet sich auf der Straßenseite, die Maschinenhalle auf der Hofseite. Den östlichen Abschluß bildet zur Ermöglichung späterer Erweiterung eine Eisenfachwerkwand.

Das Umformerwerk Gleisdreieck hat 4 Kaskadenumformer von je 3000 kW und 2 Motorgeneratoren von je 1000 kW erhalten. Die letzteren wurden dem Kraftwerk Trebbiner Straße entnommen.



Abb. 29.  Umformerwerk Gleisdreieck, Maschinenraum


Die Umformer erhalten ihren Primärstrom (Drehstrom von 10000 V) vom Kraftwerk Unterspree durch Hochspannungskabel, die auf der Bahnstrecke verlegt sind. Auf einer Kabelleiter steigen diese Kabel an der Westseite des Umformerwerks vom Bahnkörper in den Kabelkeller des Umformerwerks hinab. Der Bahnbetriebsstrom (Gleichstrom von 780 V) wird durch Bahnspeisekabel über eine Kabelbrücke (Abb. 30), die sich einerseits auf die Kabelleiter, anderseits auf besondere auf dem Steinviadukt aufgestellte eiserne Pfosten stützt, also frei vom Schienenniveau des Bahnkörpers, den einzelnen Streckenabschnitten zugeführt.



Abb. 30.  Kabelbrücke zum Umformerwerk Gleisdreieck


In der Hochspannungsschaltanlage sind im Sinne eines sicheren und gefahrlosen Arbeitens die Oelschalter reichlich dimensioniert; auch ist auf die Bewältigung größerer Abschaltleistungen Wert gelegt. Diese Schalter sind ferner so eingebaut, daß ein etwa doch auftretender Oelschalterbrand ungefährlich, d.h. ohne Verqualmung der übrigen Räume verlaufen kann. Es sind zu diesem Zweck die Oelschalter in abgetrennten Räumen untergebracht, die über Ventilatoren Verbindung mit der freien Luft haben. Etwa austretendes heißes Oel wird durch Rohrleitungen einer abgedeckten Grube im Hofe zugeführt.

Zur Durchführung der Montage und späterer Reparaturen an den Umformern läuft durch die Maschinenhalle ein Kran mit einer Tragfähigkeit von 40 t. Zwischen dem letzten östlichen Maschinenfundament und der Anschlußwand ist eine Zufahrt angeordnet, auf der Umformer und dergl. durch Straßenfuhrwerke unmittelbar unter den Kran gefahren werden können.

Das Umformerwerk läßt noch Erweiterung um 2 Umformer zu, so daß später, wenn auch die beiden Motorgeneratoren von je 1000 kW durch Kaskadenumformer ersetzt worden sind, im ganzen 8 Kaskadenumformer von je 3000 kW, also 24000 kW, im Umformerwerk installiert sein werden.

Zusammenstellung der Umformerwerke
Umformerwerke Belieferung von   .   .   .   .   .   .
mit   .   .   .   .   .   .   Volt
Installierte Stromwerzeuger Anzahl
der Bahn-
speise-
bezirke
Bismarckstraße Kraftwerk Unterspree
10000 V 40 Perioden
4 Einankerumformer zu je 730 kW
2 Großgleichrichter zu je 1100 kW
in Aufstellung
4
Gleisdreieck Kraftwerk Unterspree
10000 V 40 Perioden
4 Kaskadenumformer zu je 3000 kW
2 Motorgeneratoren zu je 1000 kW
9
Senefelderplatz Kraftwerk Unterspree
10000 V 40 Perioden
3 Kaskadenumformer zu je 1500 kW
1 Kaskadenumformer zu 2000 kW
in Aufstellung
3
Wedding Kraftwerk Moabit der Bewag
6000 V 50 Perioden
3 Kaskadenumformer zu je 1500 kW
1 Kaskadenumformer zu 1500 kW
in Aufstellung
2
Hallesches Tor Umspannwerke Kottbusser Ufer
und Mauerstraße der Bewag
6000 V 50 Perioden
4 Kaskadenumformer zu je 1500 kW 3
Hermannplatz Umspannwerk Kottbus. Ufer d. Bewag
6000 V 50 Perioden
4 Großgleichrichter zu je 800 kW
(3 Großgleichrichter zu de 1100 kW
in Aufstellung)
3
Baumeisterstraße
(Schöneberger Bahn)
Eigentum des Elektrizitätswerks Südwest A.-G., von welcher der
Bahnstrom als Gleichstrom bezogen wird.
1
Forckenbeckstraße
(Wilmersdorf.Bahn)
3


Abb. 32.  Uebersicht über die Stromversorgung der Berliner Stadtschnellbahnen




In der beigehefteten Beilage ist die 10 KV-Hochspannungsschaltanlage des Kraftwerks Unterspree und der Umformerwerke Bismarckstraße, Gleisdreieck und Senefelderplatz sowie der Werkstatt Grunewald veranschaulicht.




Verlag: Hochbahngesellschaft, Berlin W. 9, Köthener Str. 12
Druck: Robert Müller, Potsdam, Breite Str. 23
Photographien: W. Franck, Hochbahngesellschaft


   Beilage


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