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[ U-Bahn-Archiv / U-Bahn-Geschichte(n) / Biographien / Alfred Grenander]

Dr. Paul Ferdinand Schmidt: Berliner Gitter.

Berliner Architekturwelt, 10. Jahrgang, Heft 8 (November 1909), S. 283-286



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Den eigentlichen Verkünder einer Eisenkunstform aber sehen wir in Alfred Grenander entstehen. Es ist nicht das Gitter, das er reformiert hat, wie Messel, nicht eine neue Art des Ornaments hat er gebracht, wie Geßner. Er ging auf die Gestaltung eines neuen Stiles für Eisen überhaupt aus, und merkwürdig bleibt es, daß dieses völlig bewußte Vorgehen eines Einzelnen wirklich die Anfänge eines solchen Stils erzeugen konnte. Diese Schöpfung aus dem Nichts, in früheren Epochen das unpersönliche Werk einer ganzen Generation, ist würdig jeden Lobes und ein Zeichen mannhafter und zeugungstüchtiger Zeit. Es wäre vielleicht nicht so leicht möglich geworden, wenn Grenander nicht schon die triebkräftigen Keime in einer Art Tradition gefunden hätte. Er kam aus der Schule Wallots – des Ersten, der Gitter wirder tektonisch einteilen lernte – und empfing Anregung sowohl von den Eisenbauten Otto Wagners in Wien als von der Eckmannschen Ornamentik und dem konstruktiven Prinzip van des Veldes. Aus diesen Elementen erwuchs mit den Jahren sein Stil, als ihm die große Aufgabe entgegenkam, deren jedes Talent bedarf – die Eisenkonstruktionen der Hoch- und Untergrundbahn. Vorzüglich war es, neben den Farben- und Lichtproblem des unterirdischen Bahnhofs, die konstruktive und stabile Natur des Eisens, die ihm neue Aufgaben stellte. Er nutzte die elastische Funktion des geschmiedeten Stabes und den Ausdruck von Kraft in der Bündelung solcher zu den wirksamsten Formen aus (die steigende Entwicklung ist an den Eingängen zu den Untergrundbahnhöfen Potsdamerplatz bis Wilhelmplatz zu verfolgen); erfand eine kraftvolle plastische Struktur von Gittern und lehrte die eisernen Träger in gefällige Linien zu zwingen, die Eisenteile an Gebäuden sinnvoll und motivreich zu verwenden. Geht seine Tätigkeit schon weit über den Rahmen dessen hinaus, was die Überschrift „Berliner Gitter“ fest umschrieb, so gebührt ihm hier doch ein Ehrenplatz, nicht nur der Gitter wegen, die unter seiner Hand entstanden, sondern weil er einen bedeutenden Teil dazu beigetragen hat, den verdienten Ruhm der Berliner Schmiedekunst zu erneuern und zu erhöhen.

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